Christian Schenk "Seele ist nicht fassbar"

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Bewegung und Sport haben einen positiven Einfluss in der Vorbeugung als auch in der Behandlung von psychischen Erkrankungen. Mit Sport können negative emotionale und psychische Zustände verbessert werden, das allgemeine Wohlbefinden gesteigert sowie die Lebensqualität erhöht werden. Daher ist regelmäßiges körperliches Aktivsein ein wichtiger Schlüssel für die seelische Gesundheit.

 

Christian Schenk ist Olympiasieger. 1988 wurde er zum König der Athleten bei den Olympischen Spielen in Seoul. Christian Schenk war auch nach seiner sportlichen Karriere erfolgreich. Doch er lernte auch die Schattenseiten kennen und machte seine Depression öffentlich. Christian Schenk ist Vorsitzender des Inklusionsverein all inklusiv Rostock und Gast bei der 2. Fachtagung Sport im Fachtag für die Seele am 12. Oktober von 9 bis 15:30 Uhr an der Humboldt Universität in Berlin.

 

Herr Schenk, was bedeutet ihnen Seele?

Sehr komplex. Religiös, philosophisch, spirituell.  Als Leistungssportler bin ich sehr strukturiert und an Plänen orientiert. Seele ist aber eher nicht fassbar. Immateriell. Für mich war der Sport sehr mit Emotion verbunden. Wie verhalte ich mich in dieser schwierigen Welt? Moral ist eine wesentliche Komponente im Miteinander, was sehr sehr herausfordernd ist.

 

Sie sind beim Fachtag Sport für die Seele an der Humboldt-Universität in Berlin dabei. Sie sind Olympiasieger und haben als einer der ersten Leistungssportler offen über ihre psychischen Probleme gesprochen. Wie wichtig ist seelische Gesundheit für Sportler*innen?

Grundsätzlich will ja jeder Mensch, dass es ihm gut geht, körperlich, geistig, seelisch. Im Leistungssport ist eine innere Sicherheit, dass ich gut vorbereitet und gesund bin, wichtig, um die umfangreichen, notwendigen Trainingseinheiten zu absolvieren. Wenn dieses erfolgt ist, ist die Vorbereitung auf die äußeren Umstände maßgeblich .– darauf muss ein Athlet, eine Athletin von Weltniveau vorbereitet sein. Das ist eines der Kriterien, weshalb ich glaube, dass zahlreiche SpitzensportlerInnen nicht erfolgreich in Paris waren, dass sie dem Druck des Erfolges nicht standhalten konnten. Nur fünf Prozent der deutschen Athlet*innen haben eine Bestleistung erbracht - bei vielem DEM Höhepunkt der Sportkarriere. Vieles basiert auf dem Selbstwertgefühl und bedarf einem professionellem Umfeld. Im Hochleistungssport leben wir ständig mit Erfolg und Misserfolg. Es bedarf Strukturen, Rituale. Das Umfeld, der Austausch mit Vertrauten ist wichtig, vor allem den Trainern, Physio, Ärzten, Lebenserfahrenen. Diese Personen sollten das Leben im Hochleistungssport verstehen. 

 

Faktoren wie Stress können zu psychischen Problemen führen. Dass im Leistungssport Stress oder Leistungsdruck alltägliche Begleiter sind, wird uns allen immer wieder vor Augen geführt. Leistungssport tut Dir nicht gut, aber wie genau können wir das umdrehen in unserem Alltag? Wie kann Sport unserer Seele gut tun?

Sport tut vor allen denjenigen in späteren Jahren gut, die sich im lernmotorischen Alter bewegt und Körperwahrnehmung aufgebaut haben. Wenn erst im höheren Alter mit Sport angefangen wird, dauert es länger bis diese Erfahrungserfolge erzielt werden. Deshalb müssen wir Kinder früh an die Bewegung heranführen. Man braucht Erfahrungswerte. Das nennt man positive Verstärkung

 

Die Mehrzahl der Menschen treiben Sport im Verein. Wie können sich Vereine darauf einstellen, Menschen mit seelischen Erkrankungen zu unterstützen?

Wenn sich ein Mensch mit einer psychischen Erkrankung zum Training begibt, ist ein großer wichtiger Schritt getan. Auf Menschen zuzugehen, ist ein klares Zeichen von seelischer Verbesserung. Wir sind sicher noch in den Kinderschuhen, was die Ausbildung von Übungsleitern in den Vereinen auf diesem Weg betrifft. Das habe ich auch im Parasport als Landestrainer schmerzlich erlebt. Wir sehen noch nicht den ausreichenden Bedarf, haben nicht die Zeit dafür, Trainer diesbezüglich auszubilden. Daran muss gearbeitet werden.

 

Sie mussten als Leistungssportler und auch in Ihrem Berufsleben ständig mit Drucksituationen umgehen, ob von außen oder aus dem inneren Ich. Wann haben Sie gelernt, Warnzeichen wahrzunehmen oder darauf zu reagieren?

Dank professioneller Unterstützung haben wir für mich persönlich zwei Fakten festgestellt, die es mir ermöglichen hart zu arbeiten: ausreichend Schlaf zu nehmen und ein Missmanagement von Zeit zu vermeiden. Bevor ich die Hilfe erhielt, waren Konzentrationsstörungen, Verlangsamung der Sprache und vor allem der Rückzug als aktiver Mensch augenscheinlich. Das waren und sind Warnzeichen, die das Umfeld wahrnehmen kann - dann kann man hilfreich sein. 

Vielen Dank Christian Schenk. Wir freuen uns, Sie beim Fachtag „Sport für die Seele“ als Talkgast wieder zu sehen.